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Frage: Was war bisher Ihr spannendstes Forschungsergebnis?
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Jens-Bastian Eppler Beantwortet am 16 Jun 2025:
Das ist jetzt ein bisschen mehr Biologie: Wir haben herausgefunden, dass Aktivitäten im Gehirn sich die ganze Zeit verändern. Wenn ihr an einem Tag z.B. einen Ton hört, sind sehr zuverlässig bestimmte Nervenzellen im Gehirn aktiv. Und diese sind immer aktiv, wenn ihr diesen Ton an diesem Tag hört. Wenn ihr ihn aber an einem anderen Tag hört, sind andere Nervenzellen aktiv. Das bezeichnet man als „Representational Drift“. Niemand weiß bisher, warum sich die Aktivitäten im Gehirn die ganze Zeit verändern. Es macht nicht so richtig Sinn, weil uns der Ton auch immer gleich vorkommt. Und es ist auch super schwierig zu verstehen, wie das Gehirn damit klar kommt, dass sich alles die ganze Zeit verändert. Das versuchen wir jetzt zu verstehen…
Eine positive Sache hat dieser Drift aber auch: Das Gehirn bleibt dadurch bis ins hohe Alter flexibel um sich auf immer neue Begebenheiten anzupassen.
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Tim Menzner Beantwortet am 18 Jun 2025:
Spontan fällt mir eine Studie ein, bei der wir untersucht haben, wie sich Beispiele für Propaganda und Medienbias (also voreingenommene, unfaire und einseitige Berichterstattung) aus echten Nachrichtenartikeln besonders gut erklären lassen.
Eine Technik, die wir dabei untersucht haben, war, automatisch mittels einer KI neutrale, faire Versionen dieser Sätze generieren zu lassen, um sie dann jeweils Seite an Seite mit der unfairen Variante den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Studie zu zeigen. Die Idee dahinter war, dass es manchmal hilfreich sein kann, durch das Gegenüberstellen von Gegensätzen zu lernen. Wenn ich zum Beispiel den Unterschied zwischen einem Pferd und einem Zebra erklären will, kann ich sagen: „Das Zebra ist weiß und hat schwarze Streifen“ und „Zebras sind üblicherweise etwas kleiner als Pferde“, oder ich zeige ein Bild von einem Zebra neben einem Pferd, um die Unterschiede direkt klarzumachen.
In unserem Fall würden wir also einen Satz mit unfairer Berichterstattung wie zum Beispiel:
„Punker-Horden machten sich im Sommer auf der Insel breit und sorgten für Chaos!“
neben einer durch KI neutraler gemachten Variante wie zum Beispiel:
„Im Sommer hielten sich vermehrt Gruppen von Punks auf der Insel auf, was einige Beobachter als störend empfanden“
präsentieren, um genauer zu zeigen, worin das Problem mit dem ersten Satz besteht.
Interessanterweise wurde diese Methode entweder als sehr oder als überhaupt nicht nützlich für Erklärungszwecke empfunden. Kein einziger Teilnehmer oder keine Teilnehmerin hat diese Methode als „mittel gut“ eingeordnet. Ich fand es sehr spannend zu sehen, dass ein Ansatz, der für eine Gruppe von Menschen sehr gut funktioniert, bei einer anderen Gruppe nicht nur weniger gut, sondern gar nicht ankommt.
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Nils Köbis Beantwortet am 20 Jun 2025:
Schöne Frage – da gibt es tatsächlich viele spannende Beispiele! 🙂
Wir haben neulich in mehreren Experimenten herausgefunden, dass Menschen unethischen Empfehlungen (zum Beispiel: „Lüge!“) von einer KI genauso oft folgen wie solchen von anderen Menschen.
https://academic.oup.com/ej/article/134/658/766/7269206In anderen Studien haben wir untersucht, was passiert, wenn eine KI Lügen erkennen kann.
Stellt euch vor, es gäbe eine App, die immer anzeigt, ob jemand gerade die Wahrheit sagt oder lügt. In unseren Experimenten haben wir festgestellt: Wenn so eine App im Spiel ist, verdächtigen Menschen andere viel schneller, zu lügen – auch wenn sie sich sonst eher zurückhalten und anderen erstmal glauben.
https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042(24)01426-3
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